Vom Wald zum Schreiner – Wertschöpfungskette des Holzes

Holzwirtschaft Graubünden

Die Nutzung des natürlichen und nach­wach­sen­den Roh­stoffes Holz steht am Anfang einer bedeutenden Wert­schöpfungskette. (Foto: 123rf.com)

Sonderstellung der Bündner Holzwirtschaft
Für den Kanton Graubünden hat der Wald seit jeher existenzielle ­Bedeutung – als Holzlieferant, prägendes Landschaftselement und vor allem für den Schutz vor Naturgefahren. Der natürliche und ­nachwachsende Rohstoff Holz steht am Anfang einer bedeutenden Wertschöpfungskette.
Text 
Nina Gansner, Christian Felix

Bündner Holz wird als Bau-, Werk- oder Brennstoff verwendet, ist die Existenzgrundlage für das holzverarbeitende Gewerbe und leistet einen wichtigen Beitrag an die Volkswirtschaft. Etwa 2300 Beschäftigte leben von der lokalen Holz­industrie und Forstarbeit. Rund 1600 Säger, Zimmerleute, Schreiner, Holzhändler und Transporteure sind in der Bündner Holzindustrie tätig. Zudem sorgen ca. 700 Forstingenieure, Förster, Forstwarte, Waldarbeiter und Lehrlinge im ganzen Kanton für eine professionelle Pflege des Waldes.

«Bündner Spezialitäten»

Die Forstwirtschaft Graubündens weist in vielerlei Hinsicht eine Sonderstellung im Schweizer Vergleich auf. Mit einer Waldfläche von ca. 200 000 ha ist Graubünden der grösste Waldkanton der Schweiz. Etwa 30 Prozent seiner Waldfläche sind zu­dem Wälder mit besonderer Schutzfunktion, die vorran­gig dem Schutz vor Naturgefahren und folglich direkt der Sicherung von Siedlungsgebieten und Infrastrukturanlagen dienen. Die Pflege der Schutz­wälder richtet sich nach speziellen Grundsätzen, wobei der finanzielle Nutzen an zweiter Stelle steht. Der Umstand, dass die Gebirgswaldbewirtschaftung in ihrer Wirtschaftlichkeit häufig eingeschränkt ist, stellt an die Bündner Waldwirtschaft spezielle Anforderungen. 

Holzwirtschaft Graubünden

Holzflüsse in Graubünden: Stamm- bzw. Sägerundholz. (Grafik: AWN GR + SELVA)

Waldbewirtschaftung und Holznutzung

Der öffentliche Wald untersteht der strengen Gesetzgebung durch Bund und Kanton. Es bestehen Planungen mit Nachhaltigkeitsberechnungen, die für die Waldeigentümer – zu 85 Prozent sind das politische Gemeinden – verbindlich sind. Admi­nis­trativ wird der Bündner Wald in fünf Wald­re­gio­nen und 67 Forstreviere (Stand 1. 1. 16) aufgeteilt. Die Waldbewirtschaftung erfolgt durch die Forstbetriebe selbst, durch Forstunternehmungen im Auftrag der Waldeigentümer und durch Stockverkäufe an Forstunternehmer und Holzhändler. 
Der eigentliche Schlüssel zu einer effizienten Holz­nutzung sind die Waldwege. Die Erschliessungsdichte (= lastwagenbefahrbare Waldwege in Meter pro Hektare Wald) liegt in Graubünden mit 9 m/ha weit unter dem Schweizer Durchschnitt von 26,9 m/ha. Besonders in Steillagen ist der Waldweg lediglich Ausgangspunkt für die Holznutzung mit dem Seilkran und dient in vielen Fällen vorwiegend der Land- und Alpwirtschaft sowie dem Tourismus. 
In den letzten fünf Jahren wurden im Bündner Wald durchschnittlich je 410 000 Kubikmeter Holz genutzt. Knapp drei Viertel der Gesamtnutzung ist Stammholz für die Sägeindustrie, der Rest dient als Energieholz. Nur ein kleiner Teil geht in die Verwertung als Industrieholz zur Papier- und Spanplattenherstellung. Trotz schweizweit sinkenden Nutzungszahlen während der letzten Jahre sind die Nutzungsmengen in Graubünden kon­stant hoch geblieben. Dies hängt klar damit zusammen, dass Stammrundholz ein eigentliches Koppelprodukt von Waldpflegemassnahmen wie der Schutzwaldpflege ist.

Holzwirtschaft Graubünden

Durch die mehr­stufige Kas­kadennutzung von Holz wird Kohlenstoff über Jahrzehnte gespeichert, was sich positiv auf den Klimawandel auswirkt. (Grafik: proHolz Tirol)

Energie aus Holz

Energieholz gehört neben Wasser, Wind und Sonne zu den wichtigsten Trägern erneuerbarer Energieerzeugung. Ein überragender Vorteil der Holzenergie gegenüber anderen nachhaltigen Energiequellen ist, dass Wärme auf den Wunschtermin produziert und bei tieferem Bedarf in Rohform gespeichert werden kann. Die Verknappung fossiler Ressourcen wie auch die verlangte Reduktion von Treibhausgasen lassen den Rohstoff Holz verstärkt in den Fokus von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft rücken. Es ist damit zu rechnen, dass die Holznachfrage, vor allem diejenige nach Energieholz, zukünftig massiv zunehmen wird. Auch die Versorgung der Wirtschaft mit Holz als Baustoff wird angesichts des Klimawandels und im Sinne von Energieeffizienz und CO²-Reduktion an Bedeutung gewinnen.

Kaskadennutzung und Regionalität

Der geschlossene Kreislauf entlang der Holzkette vom Baum bis zum Endprodukt wird in der Fachwelt als «Kaskadennutzung» bezeichnet. Die Kaskadennutzung will den nachwachsenden Rohstoff Holz möglichst optimiert einsetzen, was zu hoher Ressourceneffizienz und wirtschaftlichen Vorteilen führt. Dabei wird das Holz nach der Ernte zunächst als Werkstoff möglichst wertschöpfend eingesetzt, dann aufgefrischt und weiter- oder wiederverwendet und erst zum Schluss der thermischen Nutzung zugeführt. Diese Mehrfachnutzung verbessert die ohnehin schon gute Energie- und CO²-Bilanz dieses Roh- und Werkstoffes. Holz ist als natürlich nachwachsender Rohstoff, der für seine Herstellung nur Sonnenenergie benötigt und praktisch überall verfügbar ist, an sich schon eine gute Wahl – noch besser schneidet aber klar einheimisches Holz ab: Es wird nicht weit transportiert, was die graue Energie massgeblich re­duziert. Seine vorbildliche Waldbewirtschaftung kann der Waldeigentümer durch die Zertifizierung nach FSC nachweisen. In Graubünden ist ein Anteil von 70 Prozent der eingerichteten Wald­fläche FSC-zertifiziert. Konsument(inn)en legen zunehmend Wert auf Herkunftsdeklarationen. Deshalb haben die Schweizer Wald- und Holz­wirtschaft das «Herkunftszeichen Schweizer Holz» HSH und graubündenHolz, der Dachverband der Bündner Wald- und Holzwirtschaft, das Herkunftslabel «ein Stück graubündenHolz» eingeführt. Die Holzkette ist nun aufgefordert, ihren Beitrag zu leisten, die möglichst weitgehende Verwendung von einheimischem Holz zu unterstützen und somit zu einer Stärkung der Bündner Wald- und Holzwirtschaft beizutragen.

Weitere Infos

Autoren:
Nina Gansner ist Geschäftsführerin des Bündner Waldwirtschaftsverbandes. Sie lebt in Seewis.
nina.gansner@selva-gr.ch
Christian Felix ist seit 1. 1. 2016 Geschäftsführer ad interim von graubündenHolz. Er lebt in Triesen.
christian.felix@graubuendenholz.ch

Online:
www.selva-gr.ch
info@selva-gr.ch 
www.graubuendenholz.ch
info@graubuendenholz.ch