Historische Fotografien geografisch verorten

Nach der geografischen Verortung: die Slider-Funktion zeigt das Churer Schwimmbad Sand einst und heute.

Die Nutzung geografisch präzise verorteter historischer Fotografien eröffnet faszi­nierende Möglich­keiten, die Vergangenheit zum Leben zu erwecken. Dadurch kann ein tieferes Verständnis für die Geschichte und das kulturelle Erbe eines Ortes ent­wickelt werden.

Die Fotostiftung Graubünden (FSGR) hat 2020 in einem gemeinsamen Projekt mit der ETH Zürich und der FSGR Spin-off Locomot eine AI-basierte App zur automatisierten Verschlagwortung von historischen Fotografien entwickelt. Aktuell erprobt die Stiftung in einer Kooperation mit der Uni Zürich und Locomot die faktenbasierte automatische Erstellung von Bildlegenden mittels Natural Language Processing (NLP) Anwendungen (z. B. Chat GPT u. ä.).

Anhand des auf dem Bildschirm überblendeten historischen Fotos kann die aktuelle Szene präzise aufgenommen werden.

Die PICTOMAP-App ermöglicht die Übertragung der räumlichen Informationen vom Smartphone-Foto auf das historische Bild.

Das Puzzleteil, das noch fehlt, ist die automatische geografische Verortung von historischen Fotografien. Diese soll ab Herbst 2023 mit der neuen App PICTOMAP verwirklicht werden. Die App wird den Umgang mit dem kulturellen Erbe neu definieren, weil sie es den Nutzern ermöglicht, historische Fotografien an ihren Aufnahmeorten mit ihrem Smartphone neu aufzunehmen und somit eine direkte Verbindung zur Vergangenheit herzustellen. Damit sind nicht nur Vergleiche von alt und neu möglich. Denn auf die historischen Fotografien werden automatisch auch die GPS-Koordinaten – inkl. der Höhe über Meer sowie Himmelsrichtung und Neigung zum Horizont – des Handy-Fotos übertragen. Damit sind die historischen Bilder bereit für die Nutzung z. B. in Virtual- oder Augmented Reality Apps oder auf interaktiven Karten. Durch die Verknüpfung wird PICTOMAP zum verlängerten Arm der Gedächtnisinstitutionen, die ständig auf der Suche nach Zusatzinformationen zu den Originalmaterialien sind.

Im Schulunterricht eröffnen diese Möglichkeiten völlig neue Wege, historische Fotografien einzusetzen und das Lernen zum Beispiel im Geschichtsunterricht interaktiver und spannender zu gestalten. Schüler können historische Fotografien mit der App «im Feld» verorten und im Unterricht als neue Art der Begegnung mit der lokalen Geschichte und als Ausgangspunkt für Diskussionen verwenden. Darüber hinaus ermöglicht es Lehrern beim Einbeziehen historischer Fotografien in den Unterricht, Ereignisse und historische Perioden besser zu kontextualisieren. 
Doch nicht nur im Schulunterricht eröffnen sich neue Perspektiven: Wandervögel und Kulturtouristen helfen gemeinsam mit ihren Kindern historisches Bildmaterial mit PICTOMAP spielerisch zu verorten und lernen dabei eine Region aus einer neuen Perspektive kennen. Die Verwendung der auf diese Weise geografisch präzise verorteten Bilder im Kulturtourismus bietet in der Folge einzigartige Möglichkeiten, virtuelle Reisen und historische Rundgänge zum Beispiel in Form eines Reise-Guides zu erstellen, bei denen Touristen und Reisende online historische Orte und Sehenswürdigkeiten virtuell erkunden können. Die Verbindung zwischen dem Bild, dem Ort, der Geschichte sowie dem Interesse an der lokalen Geschichte dürfte den Kulturtourismus ankurbeln. 

Weitere Infos

Am 15. September 2023 findet in der FSGR am Regierungsplatz eine Informationsveranstaltung für die Bündner Gemeinden statt. Dabei erfahren die einzelnen Gemeinde-Vertretenden einerseits mehr zu konkreten Nutzungsmöglichkeiten der beschriebenen Techniken anhand der aktuellen Ausstellung «Algorithmen im Archiv». Andererseits werden weitere Tätigkeiten und Projekte der Stiftung präsentiert und mögliche Kooperationen zwischen der Fotostiftung Graubünden und den Gemeinden aufgezeigt.

Fotostiftung Graubünden 
Regierungsplatz 30, 7000 Chur
Telefon 077 413 88 13, info@fotoGR.ch
www.fotoGR.ch