Wo ist Heimat?

Graubünden und seine typischen Merkmale

«Heimat ist da, wo ich wohne und arbeite, da, wo mein Lebenszentrum ist.» Dies sagen heute viele Menschen angesichts der globalisierten Weltwirtschaft, sei diese Heimat in Genf, New York, Zürich oder Shanghai. Irgendwie stimmt das für die Bündnerinnen und Bündner nicht: Freitagabends ist der Zug von Zürich nach Chur – speziell im Winter – notorisch überfüllt, auf der A3 treiben sich Fahrzeuge mit GR-Kennzeichen gegenseitig zu (hoffentlich tempokontrollierten) Höchstleistungen an. Schnell nach Hause, lautet das Motto. Was treibt sie an? Was ist typisch für Graubünden, was macht den Kanton speziell? Dieser Frage geht das vorliegende Heft nach. 

Es gibt viele Klischees zu Graubünden: das Land der Steinböcke (untermauert mit der Werbekampagne mit Gian und Giachen durch «Graubünden Ferien»), der nach wie vor beliebteste Dialekt im Schweizerdeutsch, das Land der Jäger, in dem im September stets Ausnahmezustand herrscht mit verweisten Amtsstuben und Handwerksbetrieben, die nur reduziert arbeiten, wenn überhaupt. Und es ist das Wander- und Ski-Eldorado (trotz Klimawandel und dank Schneekanonen) schlechthin – trotz Frankenstärke. Es war und ist aber auch ein Kanton der Musik – mit einer jahrhundertealten Chortradition mit den entsprechenden Komponisten und einer lebendigen, jungen Musikszene. Was wirklich typisch in Graubünden ist, ist die Sprachvielfalt: Kein Kanton in der Schweiz hat eine solche Vielfalt von Sprachen und Dialekten. 

Graubünden ist aber auch eine Region der Querdenker – viele Einwohnerinnen und Einwohner sind als «Originale» bekannt – im Heft gibt es dazu eine (persönliche) Hitparade. Querdenker gab und gibt es aber auch in der Architektur des Kantons – bisweilen ist die Rede vom Architekturwunder Graubünden, angesichts der hohen Dichte an international renommierten und dekorierten Architekten. Was schafft diese Atmosphäre, was ist wirklich typisch für diesen Kanton – lesen Sie unsere Texte, vielleicht kommen sie dem «Typischen» auf die Spur.

Auch im zweiten Teil des Hefts, dem Magazin, geht es nochmals um typisch Bündnerisches. Der bekannteste Koch des Landes, Andreas Caminada, hat sich Gedanken dazu gemacht, wieweit seine Herkunft (er stammt aus Sagogn) seine Kochkunst beeinflusst und hat für dieses Heft gekocht – mit zwei Rezepten. Und es gibt zweimal Unesco-Kultur und -Naturerbe: Der Wandertipp führt in die Tektonik­arena Sardona, und die Rhätische Bahn fährt über die Berninastrecke seit 1965 mit dem gleichen Logo – der Erschaffer dieses Logos, der weit mehr war als nur Kreateur dieses Logos – Hans Schmid – wird in diesem Heft vorgestellt. Und erneut haben wir mit Jugendlichen einige Seiten gestaltet – sie haben sich in ihren Ferien als Jungjournalisten betätigt.

Christian Dettwiler
Redaktionsleiter