Reichtum und Armut – das Schicksal der Auswanderer

Auswanderer

Der Palazoo Castelmur im Bergell ist ein Zeugnis eines erfolgreich Zurückgekehrten. (Foto: bilder.GR)

Neugier, Unternehmerlust und Heimweh

Das Titelbild des Hefts, das Sie in den Händen halten, ist nur eine Seite der Medaille: Giovanni de Castelmur (versehen mit einem nicht eruierbaren Baronstitel) ist als Auswanderer in Marseille mit seiner Familie reich geworden und hat sich – nach seiner Rückkehr – im Bergell mit dem Palazzo Castelmur ein Denkmal gesetzt, das heute als geschätztes Kulturzentrum dient. Vielen anderen Auswanderern ist es anders ergangen: Sie starben als Söldner auf den europäischen Kriegsschauplätzen in ganz Europa, sie erreichten das Ziel ihrer Träume nicht, weil sie auf dem Schiff nach Übersee untergegangen sind oder weil sie schlicht und einfach in ihrer neuen «Heimat» gescheitert sind. 
Ob reich oder arm: Wie viele Bündnerinnen und Bündner in den letzten vier Jahrhunderten ausgewandert sind, dazu gibt es keine verlässlichen Zahlen – die Quellen sind zumeist die Kirchenbücher der Gemeinden. Nur als Quervergleich zitiert: Aufgrund der schwierigen Verhältnisse in ihrem Heimatland sind gemäss dem Deutschen Auswandererzentrum in Bremerhaven in den letzten drei Jahrhunderten 7,2 Millionen Deutsche ausgewandert. Es waren auch in Graubünden Zehntausende, die der Not gehorchend sich von zuhause verabschiedet haben, um irgendwo auf der Welt ihr Glück zu finden. 
Manche wurden auch – und das ist kaum bekannt – von der Obrigkeit zwangsausgewandert: Sozial Randständige wurden durch Gelder der Gemeinde oder des Kreises sozusagen ausgewiesen und auf die Reise in eine unbekannte Zukunft geschickt. In diesem Heft findet sich demnach eine gemischte Auswahl von Geschichten und Schicksalen, vom erfolgreichen Unternehmer in Columbus/Ohio über den ideen-, aber wenig erfolgreichen Ingenieur in Argentinien bis hin zu einer erfolgreichen Hoteldynastie in Italien. Einige sind zurückgekehrt und haben als Rückwanderer ihrer Heimat wieder etwas zurückgegeben, manche Schicksale verlieren sich im Nirgendwo.
Auch im Magazinteil findet sich ein Auswanderer, Carl Albert von Salis, der eigentlich gleich zweimal ausgewandert ist. Geboren in eine ausgewanderte Bündner Familie in Genua, ist er nach Ostafrika ausgewandert, um als Künstler und Alpinist aktiv zu sein. Letztlich ist auch er in seine Heimat zurückgekehrt. Und überdies im Magazinteil: Seit Jahren wird in der Diskussion der Dorfbildgestaltung die Frage erörtert, was mit nicht mehr benötigten landwirtschaftlichen Gebäuden geschehen soll. Die Diskussion hat erneut an Schwung gewonnen. Und wir laden Sie auf eine kleine Entdeckungsfahrt ins Safiental ein – in eine Region, die in letzter Zeit für viel Aufsehen gesorgt hat.

Und dann noch dies: In der letzten Nummer haben wir Ihnen die Kandidaten und die Kandidatin für den «Terra Grischuna»-Preis vorgestellt! Haben Sie bei der Wahl schon mitgemacht? Falls nein, tun Sie es, Ihre Favoriten werden es Ihnen danken.

Christian Dettwiler
Redaktionsleiter