Den Fotografen Albert Steiner (1877–1965) bringt man gemeinhin mit Landschaftsfotografien aus dem Engadin in Verbindung. 1941 erhielt er jedoch den Auftrag, das gerade erst eröffnete Rätische Kantons- und Regionalspital der Zürcher Architekten Fred G. Brun und Rudolf Gaberel in Chur zu fotografieren. 60 Silbergelatine-Kontaktabzüge entstanden, vor Kurzem sind sie im Staatsarchiv Graubünden entdeckt worden. Walter Reinhart, langjähriger Chefarzt am nun Kantonsspital Graubünden genannten Haus und seit 2012 Präsident der Stiftung Bündner Kunstsammlung, hat sie in einem Band versammelt – und sie dem Blick eines Fotografen gegenübergestellt, der wie ehemals Steiner zu den besten seines Fachs gehört: Ralph Feiner, in Malans zu Hause, Autodidakt und Chronist der zeitgenössischen Architektur in Graubünden.
Anlass dazu war der 2020 erfolgte Abschluss der ersten Etappe des bislang grössten Sanierungs-, Umbau- und Erweiterungsprojekts des Kantonsspitals, entworfen von den Frauenfelder Architekten Staufer und Hasler. SUN, wie das Projekt benannt wurde, ist der jüngste Schritt einer Entwicklung, die sich auch an Steiners und Feiners Fotografien ablesen lässt. Ersterer hielt in seinen Schwarz-Weiss-Fotografien das Spital als Ort des Verweilens und der Gesundung fest – damals beliefen sich die Aufenthaltsdauern noch auf bis zu 35 Tage. Heute wird wo möglich ambulant geheilt. Statt des Verbleibens ist das Spital ein Ort des Durchlaufs, an dem Prozesse möglichst optimal aneinandergereiht werden. In Steiners Fotografien zeigt sich dies noch an den lichtdurchfluteten, wohnlichen Räumen, bei Feiner wiederum ist das Spital ein durchtechnisierter Maschinenraum, in dem Kunstlicht vorherrscht.
Das sorgfältig gestaltete Buch versammelt überdies kurze Aufsätze der Historikerin Karin Fuchs, des Publizisten Köbi Gantenbein und von Stephan Kunz, Direktor des Bündner Kunstmuseums.