Eine Sammlung sucht ein Daheim

Werner Capatt hat eine umfangreiche Sammlung zusammengestellt, vom Modell des Bahnhofs Stugls über Zugmodelle bis zu Postkarten.

Besuch beim RhB-Fan Werner Capatt
In den letzten 20 Jahren hat Werner Capatt eine aussergewöhnliche Sammlung an RhB-Andenken – von der Postkarte bis zur Modellbahn – aufgebaut. Nun sucht er nach Ausstellungsmöglichkeiten.
Text und Bilder 
Julian Reich

Manchmal staunt Werner Capatt selber über sich, wenn er ein wenig neben sich tritt und sich vor Augen führt, welchen Aufwand er in den letzten 20 Jahren betrieben hat, um in den Besitz gewisser Dinge zu kommen. Da ist eine Postkarte beispielsweise, sie zeigt den Bahnhof von Solis, auf dem Gleis davor steht der erste Zug, der damals, 1903, hier einfuhr, eine einfache Lok, aus deren Schornstein Dampf aufsteigt. Am Bahnhofsgebäude sitzt eine Menschentraube, jemand schwenkt eine Fahne. Der Fotograf Anton Reinhardt hatte die Aufnahme damals gemacht, es ist die erste in einer ganzen Serie von Postkarten, von denen Capatt jede einzelne besass – bis auf diese eine, die erste. Auf der Auktionsplattform Ricardo hatte er schon mehrere Male erfolglos dafür geboten, jetzt sollte es anders kommen, diesmal wollte er sie unbedingt. Für ­einen hohen dreistelligen Betrag bekam er den Zuschlag. «Heute würde ich das wohl nicht mehr tun», sagt Capatt, fast entschuldigend. Aber heute besitzt er sie ja auch.

Es ist ein kleines, aber kostbares Objekt in seiner Sammlung, deren Wert ihn beim überschlagsmässigen Berechnen ebenso ins Staunen bringt wie den Besucher. In Capatts Wohnung in Trimmis ist kaum ein Plätzchen zu finden, wo nicht eine Modelllokomotive, eine Postkarte oder gar eine ganze Modellanlage zu finden ist. Im Regal liegen dicke Ordner mit Preziosen, Postkarten vor allem, die man so heute nicht mehr findet. Mit grösster Sorgfalt gestaltet, manche mit Prägedruck versehen, andere sind ganze Leporellos, die erst beim Auseinanderfalten ihre ganze Pracht offenbaren. Und natürlich besitzt Capatt eine ganze Reihe von Dokumenten wie Bücher, Festschriften, Fahrpläne, Prospekte und andere Memorabilien, die das Eisenbahnerherz höherschlagen lassen. Sofern er sie denn zu sehen bekommt.

 

Der erste Zug im Bahnhof Solis, eine Postkarte mit Seltenheitswert.

Denn genau das ist Capatts Vorhaben, dem er sich ganz verschrieben hat, seit er sein Architekturbüro aufgegeben hat. Er meldete beispielsweise ein Projekt beim Ideenwettbewerb für das Haus Arcas in Chur an. Das Haus und der Standort Chur schienen ihm ideal. «Hier steigen Tausende von Bahnfreunden ab, bevor sie sich mit der RhB weitermachen», sagt er. Doch bei der Jury fand Capatt kein Gehör, trotz Unterstützung seitens der RhB. Nun hat er sein Auge auf ein anderes Objekt in Chur geworfen, noch aber ist nichts spruchreif.

 

Werner Capatt besitzt eine ebenso umfangreiche Modelleisenbahn-Sammlung

Konkurrenz für Bergün?

Ein RhB-Museum? Das gibt es doch schon, das Bahnmuseum Albula in Bergün nämlich. Doch Capatt sieht seine Sammlung nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu jener des Bahnmuseums. «Was man hier sieht, sieht man in Bergün nicht», meint er. Und sowieso: Vom Material her könnte man drei RhB-Museen bestücken, Geschichten zu erzählen gäbe es genug.
Eine Geschichte, die er vermutlich nicht erzählen wird, ist jene, wie er selbst überhaupt mit dem Bahnvirus infiziert worden ist. Als kleiner Jung schon stahl er sich jeweils davon und setzte sich auf eine Mauer an der Alexanderstrasse, um den Zügen beim Rangieren zuzusehen. Die dampfende Heidi sei ihm noch besonders in Erinnerung. Später aber fanden Lego ihren Weg in sein Kinderzimmer, und so begann er, Häuser zu bauen, zuerst eben aus den Bausteinen, später, als Architekt, richtige Wände und Dächer. Erst vor 20 Jahren sei die alte Leidenschaft plötzlich wieder aufgetaucht, und wohin sie ihn geführt hat, das wiederum wird hoffentlich dereinst irgendwo öffentlich zu sehen sein.