​Maluns, Capuns und …

Andreas Caminada Schloss Schauenstein

International bekannt und regional verwurzelt: Andreas Caminada.

Andreas Caminada interpretiert die Bündner Küche
Das im Titel zitierte Sprichwort soll nicht vervoll­ständigt werden! Doch die regionale Küche wird passend zum Heftthema nicht zu kurz kommen. Der zurzeit wohl bekannteste Koch Graubündens und der Schweiz hat für diese Ausgabe zwei für ihn typische Bündner ­Spezialitäten neu komponiert.
Text 
Christian Dettwiler
Bilder 
Dolores Rupa

Was soll und kann über Andreas Caminada noch geschrieben werden, was nicht hundertfach bereits in den Boulevardmedien und in den Fachzeitschriften notiert wurde !? Es war in der Tat für den damaligen Jungkoch ein Glücksfall, dass er nach Stationen in Baiersbronn und in Uetikon am See vor 13 Jahren das Angebot erhielt, das Schloss Schauenstein zu übernehmen. Besitzer des Schlosses ist die Heinrich-Schwendener-Stiftung, deren Stiftungszweck es ist, jungen Menschen ihre Aus-, Zusatz- oder Weiterbildung zu ermöglichen. Häufig sind das Stipendien an Jugendliche, 
da aber die Schwendener-Stiftung die Idee hatte, auf Schloss Schauenstein auch ein Restaurant mit Gästezimmern zu realisieren, konnte der damals 27-jährige Caminada davon profitieren, seinen eigenen Betrieb zu eröffnen. Ganz dem Stiftungszweck entsprechend, wurden für die Gestaltung der Räumlichkeiten ebenfalls zwei junge Designer und Architekten engagiert: Tanja Jörimann und Werner Woodtli vom Büro «Emulsion» in Sils im Domleschg.
Der weitere Weg von Caminada und seinem Schloss Schauenstein ist bekannt – 2003 mit fünf Mitarbeitern begonnen, beschäftigt er heute 35 Mitarbeitende aus 14 Nationen und gilt als einer der 50 besten Köche der Welt.

Von der «Haute Cuisine» zur Regionalität

In seiner Laufbahn durch die Küchen des Restaurants «Bareiss» in Baiersbronn oder bei Hans-Peter Hussong im Wiesengrund hat er alle Künste der französischen «Haute Cuisine» kennen und schätzen gelernt, zwischenzeitlich hat sich jedoch ein neuer Trend in den Küchen der grossen Restaurants durchgesetzt. Regionalität heisst das Stichwort. Die Trendsetter finden sich in Skandinavien, namentlich in Dänemark, wo René Redzepi in seinem «Noma» Meilensteine gesetzt hat und während Jahren als bester Koch der Welt galt. Dazugekommen ist seit rund drei Jahren auch die Küche Südamerikas, vornehmlich die ­peruanische Küche, die vom neuen Kochstar Virgílio Martínez repräsentiert wird. Diesen Trend hat natürlich auch Andreas Caminada hautnah miterlebt und sich dabei auf seine hei­mischen Wurzeln erinnert – ohne sie je vergessen zu haben. Er charakterisiert die «Bündner Küche» als einfa-
che Küche, bestehend aus Maluns, Ca-
puns, Pizzochels und einigen wenigen Fleischgerichten, es ist eine Küche der armen Leute, die aber ihren kulturellen Wert hat. Und da ist er ganz Tra­ditionalist: Die Lieblingsspeisen aus Mutters Küche – die Apfel- und Kartoffelküchlein, die Capuns seiner Mutter, die mit Butter, Sahne und Käse überbacken waren – hat er nun neu interpretiert und serviert sie mit einem Zwiebelfond und Nussbutter. Abstrusitäten wie Capuns mit Crevettenfüllungen und Kokosnusssauce empfindet er als Traditionsbruch, die mit seinem kulinarischen Verständnis nichts zu tun haben.

Regionale Produkte

Ein wesentlicher Punkt sind bezüglich Regionalität vor allem die Produkte, zum Beispiel Artischocken – eigentlich keine Spezialität Graubündens –, aber mit Marcel Foffa aus Almens hat er einen Produzenten, der für ihn Artischocken anpflanzt, überzeugen können. Desgleichen mit den Saiblingen aus der Fischzucht Lumare aus Cumbels oder Forellen aus dem Walensee, die auf der Speisekarte eine regionale Ergänzung zu maritimen Fischen sind. Regionalität auch bei Kartoffeln: Auf dem Hof La Sorts der Familie Heinrich-Tschalèr in Filisur wachsen verschiedenste Sorten von Kartoffeln – die kleinsten haben die Heinrichs aber aussortiert, nun kauft sie Caminada den Heinrichs ab, um sie als «Mini­gschwellti» zum Käsegang zu servieren. 
Der rote Faden seiner Küche bleiben aber auch seine Klassiker – wie «Reh im Speck mit Dörrbirnen» oder der «Saibling mit roter Beete» –, die stets auf seiner Karte wieder auftauchen. Er will die Regionalität letztlich auch nicht als Trend definieren, wichtig ist für ihn die Herkunft der Produkte, und so schätzt er es sehr, dass diese heute auch in seiner Heimat zu finden sind.

«Typisch Graubünden»

Das sind für Andreas Caminada für diese Ausgabe der «Terra Grischuna» zum einen Bündner Brotsuppe und zum andern Maluns mit Apfelmus und Käse. Nachfolgend seine Rezepte (stets berechnet für vier Personen).

 

Bündner Brotsuppe mit Schinken in der Interpretation von Andreas Caminada.

Schinken und Brot – Klare Brotsuppe

Kalbsschwanzessenz

5     Kalbsbrustknochen
300 g     Zwiebeln
10 l     Wasser

Knochen rösten, klein geschnittene Zwiebeln anschwitzen, Knochen dazu, mit Wasser auffüllen, aufkochen.

2 kg     Kalbsschwanz oder Kalbsfuss
1     Karotte
1     Knollensellerie
1     Staudensellerie
1     Lauchstengel
2     Zwiebeln
    Tomatenmark
200 ml     Sherry
50 ml     Portwein rot
50 ml     Madeira

Kalbsschwanz rösten. Klein geschnittenes Gemüse in etwas Butterschmalz 
anschwitzen, Tomatenmark dazugeben, mit Alkohol ablöschen, reduzieren. Mit der passierten Knochenbrühe auffüllen, aufkochen und anschliessend leicht sieden lassen. Passieren und kalt stellen.

200 g     Kalbshaxenfleisch
200 g     Putenbrust
4     Eiweiss
30 g     Karotten
40 ml     Sherry
40 ml     Portwein rot
40 ml     Madeira

Gemüse und Fleisch klein schneiden und grob wolfen. Mit Eiweiss und Alkohol vermischen und in den kalten Fond geben. Aufklären, etwas reduzieren und passieren. Kalt stellen und fest gelieren lassen. Falls es nicht geliert, dann noch einmal auf 100 ml ein Blatt Gelatine geben.

250 g     Brot (alt)
50 g     Butter
2     Zwiebel, in Würfel geschnitten
1     Knoblauchzehe, gepresst

Das Brot in etwa 1 cm grosse Würfel schneiden, in der Pfanne mit Butter, Zwiebel und Knoblauch gut anrösten. In einen Topf geben, mit der Suppe aufgiessen, eine halbe Stunde ziehen lassen und durch ein Tuch passieren. Anschliessend heiss servieren.

Schinkenspoon
Basis

1 l     Geflügelfond
200 g     Schinken gekocht
100 g     Bauchspeck gekocht, geräuchert
3 Stück     Eiweiss
    Lorbeerblatt

Schinken und Bauchspeck durch den Fleischwolf drehen, mit Geflügelfond und Eiweiss mischen und aufklären. Vorsichtig durch ein Tuch passieren, etwas reduzieren und abschmecken.

250 ml     Schinkenfond
15 ml     Balsamico weiss
2 g     Xanthan
    Salz, Pfeffer

Alles zusammen verrühren, erwärmen und in iSi-Behälter geben. Mit einer Kapsel versetzen.
Bei Gebrauch in ein kleines Töpfchen oder auf den Teller aufspritzen.

Maluns, Andreas Caminda

Maluns in der Variante von Andreas Caminada.

Maluns mit Apfelmus

Maluns

500 g     mehlig kochende Kartoffeln

Die Kartoffeln (mit Schale) in Salzwasser kochen, garen und auskühlen lassen. 2 Tage an einer kühlen Stelle stehen lassen. Danach schälen und mit einer Röstiraffel aufraffeln.

180–200 g     Mehl (je nach Mehligkeit der Kartoffel)
    Salz und Pfeffer
    100 g Butter

Kartoffeln mit Mehl, Salz und Pfeffer mischen, mit der Hand leicht verkneten und zu kleinen Kugeln verreiben. Nach und nach in einer Teflonpfanne mit Butter, nicht zu heiss, 10–15 Minuten gold-gelb anbraten. Stetig rösten und schwenken (kann auch vorgebraten werden).

5     Äpfel (Sorte: Gala)
120 g     Puderzucker
70 ml     Apfelsaft
1     Zitrone, Saft
50 g     Butter
80 ml     Calvados
    Nelke
    Lorbeerblatt
    bisschen Vanille

Die Äpfel waschen, das Kerngehäuse entfernen und klein schneiden. In Butter anschwenken und den Puder­zucker beigeben. In Calvados ablöschen und Apfelsaft beigeben. Alles abdecken, Nelke, Lorbeerblatt und etwas Vanille beigeben, kochen lassen und danach mixen (ohne Gewürze). Nach Belieben nachzuckern.
Zum Anrichten mit Bergkäse verfeinern.

 

Dessert Andreas Caminda

Auswahl süsser Köstlichkeiten von Andreas Caminada

​Und dann noch die Nachspeisen

Caminada ist auch bekannt für seine Desserts, die sehr aufwendig hergestellt und angerichtet sind. Auch hier spielen Produkte eine Rolle, die letztlich über die Säumerwege den Weg in die Region gefunden haben – sei es Kakao oder, der Regionalität geschuldet, heimischer Honig.

Weitere Infos

Autor
Christian Dettwiler ist Redaktions­leiter der «Terra Grischuna». Er lebt in Flims.
redaktion@Terra-grischuna.ch

Online
www.schauenstein.ch
www.andreascaminada.com