Auf die Strasse statt ins Parlament

Politik proben: Blick in den Grossratssaal während der Jugendsession. (Foto Marco Hartmann)

Jugendliche und Politik

Auch in Graubünden sind in den vergangenen Monaten Jugendliche auf die Strassen gegangen, um für eine bessere Klimapolitik zu demonstrieren. In Chur zählte man jeweils bis zu 200 Teenager, die sich, mit Plakaten und Kartonschildern, Gehör verschaffen wollten in der Sorge um die Zukunft unseres Planeten. «Eusi Zuekunft!» und «Schülerinnen für Klimaschutz» war auf den Plakaten zu lesen. Wie schon vor bald 20 Jahren bei den Friedensdemonstrationen im Vorfeld des Irakkriegs könnte hier eine neue Generation ihre erste Politisierung erfahren – ob dem so ist, wird sich jedoch erst noch zeigen müssen.

Auf die geordnete und durchorganisierte Debattenkultur eines Parlaments scheinen die Jugendlichen jedoch weniger Lust zu haben: Die im April abgehaltene Jugendsession im Saal des Grossen Rats musste mit lediglich 35 statt der möglichen 120 Teilnehmenden abgehalten werden. Das Organisationskomitee um den SVP-Jungpolitiker Nicola Stocker zeigte sich im Anschluss einigermassen enttäuscht – erhoffte man sich doch von den vielen Bündner Klimabewegten ein waches Interesse an der Gestaltung der Politik. Immerhin habe man auch aus diesem Grund das Thema Energie und Umwelt auf die Traktandenliste gesetzt. Setze man die Zahlen in ein Verhältnis, so müsste man meinen, dass mehr als 120 Jugendliche sich für die Politik interessieren sollten, meinte Stocker unter anderem.

Das Jugendparlament stellt jeweils drei Themenbereiche, zu denen die Teilnehmer in Arbeitsgruppen Petitionen erarbeiten, die anschliessend im Plenum diskutiert werden. In diesem Jahr bildeten neben dem genannten Energie-Thema die Bildung und Jugend und Partizipation den Schwerpunkt. Acht Petitionen wurden auf diese Weise formuliert, sieben davon angenommen. Der Vorschlag jedoch, den Bündner Bauern das Halten von Vieh zu verbieten, scheiterte aus verständlichen Gründen.

Die Petitionen wurden anschliessend Regierungsrat Jon Domenic Parolini überwiesen. Ob sie im weiteren politischen Prozess jedoch relevant werden, ist eher unwahrscheinlich. Denn bis anhin konnte kein an der Jugendsession formuliertes Anliegen durchgesetzt werden.

Seit 2007 finden in Graubünden im Drei-Jahres-Turnus Jugendsessionen statt, bei denen Jugendliche, nach dem Vorbild der Sessionen des Grossen Rats, diskutieren und ihre Anliegen und Forderungen einbringen können. «Bis anhin blieb der grosse Durchbruch irgendeiner Forderung jedoch aus», sagte Nicola Stocker, OK-Präsident der Jugendsession Graubünden 2019, gegenüber der «Südostschweiz». Das sei unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich das jeweilige OK nach einer Jugendsession jedes Mal wieder aufgelöst habe. «Dadurch hat sich anschliessend niemand so recht für die eingereichten Forderungen verantwortlich gefühlt.»

Damit sich das ändert, hat das Organi­sationskomitee der Jugendsession Graubünden 2019 zusammen mit den darin vertretenen Jugendparteien beschlossen, einen ständigen Trägerverein zu gründen. «So möchten wir die Jugendsession und den Wissenstransfer professionalisieren», erklärt Stocker. Es sei wichtig, ein nachhaltiges Fundament zu haben, um die Partizipation der Jugendlichen in der Politik zu fördern.